13. Juni 2025
Mehr als 3 Millionen: Ein Interview zur HZV in Baden-Württemberg

iStock/MicroStockHub, Porträts: HÄVBW, Jan Winkler
Was bedeutet die 3-Millionen-Marke für Sie persönlich?
Dr. Bublitz: Diese Zahl bestätigt, dass wir den Nerv der Zeit getroffen haben. Die Menschen erkennen den Wert kontinuierlicher, hochwertiger hausärztlicher Versorgung. Für den Verband ist es der Beweis, dass Vision und Engagement eine Veränderung bewirken und die Gesundheitsversorgung nachhaltig positiv beeinflussen können.
Was war Ihre Vision bei der Initiierung der HZV 2008?
Dr. Braun: Wir wollten die Hausarztpraxis als Dreh- und Angelpunkt in der Gesundheitsversorgung etablieren. Unser Ziel war eine ganzheitliche, patientenzentrierte Betreuung, statt eines zersplitterten Systems. Die Hausärztin und der Hausarzt sollten mit ihren Teams erste Anlaufstelle sein und Patient:innen gezielt durch das Gesundheitssystem führen.
Warum entscheiden sich Millionen Versicherte für die HZV?
Dr. Bublitz: Die HZV steht für Verlässlichkeit und Qualität. Versicherte schätzen den festen Ansprechpartner, der sie durch das komplexe Gesundheitssystem navigiert. Die konkreten Vorteile überzeugen: die bessere Versorgung insbesondere von chronisch Kranken, zusätzliche Präventionsangebote, die bessere Koordination von Facharztterminen und ein oft über Jahre oder Jahrzehnte bestehendes Vertrauensverhältnis.
Welche Hürden musste die HZV zu Beginn überwinden?
Dr. Braun: Die größte Herausforderung war die Skepsis – sowohl bei Krankenkassen als auch bei manchen Ärzt:innen. Es bedurfte intensiver Überzeugungsarbeit und politischer Unterstützung. Doch unser Konzept hat sich durchgesetzt, und die Zeit hat uns recht gegeben.
Wie hat sich die Wahrnehmung der HZV verändert?
Dr. Bublitz: Die HZV ist heute nicht nur etabliert, sondern wissenschaftlich validiert: Sie bietet nachweislich bessere Versorgung. Auch die Politik hat die Bedeutung des primärärztlichen Ansatzes erkannt und möchte diesen nun verbindlich implementieren (Anm. der Red: siehe dazu Beitrag unten). Für viele Hausarztpraxen ist die HZV bereits wichtige wirtschaftliche Grundlage und ein Qualitätsmerkmal in der Versorgung.
Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Dr. Braun: Wir haben immer an das Potenzial geglaubt, aber das Tempo, mit dem sich die HZV entwickelt, war nicht vorhersehbar. Die breite Akzeptanz der HZV unter Ärt:innen und Patient:innen zeigt zwei Dinge: Zum einen, dass die Idee nicht nur funktioniert, sondern dass sie wirklich einen Mehrwert für die Menschen bietet. Zum anderen ist die HZV auch der beste Beweis dafür, dass Lösungen am besten aus der Praxis heraus entwickelt werden – in unserem Fall aus der Hausarztpraxis.
Welche Herausforderungen sehen Sie zukünftig?
Dr. Bublitz: Der demografische Wandel ist eine der größten Herausforderungen im Gesundheitswesen: Immer weniger Ärzt:innen versorgen immer mehr ältere und kränkere Patient:innen. Um einen Systemkollaps abzuwenden, müssen wir Koordination, Qualität und Effizienz in das System bringen. In der HZV tun wir das konsequent. Das dient nicht nur der Bewältigung der Patientenflut, sondern macht unseren Beruf auch für kommende Generationen wieder attraktiver.
Wie bewerten Sie die Weiterentwicklung der HZV?
Dr. Braun: Ich bin beeindruckt, wie das Konzept gewachsen ist und sich kontinuierlich an neue Anforderungen angepasst hat. Ein Beispiel ist die Einführung der Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis, kurz VERAH, mit der wir schon sehr früh den Schritt zur Kompetenzerweiterung des Praxisteams gegangen sind, um ärztliche Ressourcen zu entlasten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der HZV?
Dr. Bublitz: Dass die HZV in Baden-Württemberg ein Innovationsmotor im Gesundheitssystem bleibt und weiterhin konsequent die Bedürfnisse von Patient:innen und Hausärzt:innen in den Mittelpunkt stellt.
Die HZV in einem Satz – wie würde dieser lauten?
Dr. Bublitz: Die HZV beweist, dass eine von Hausärzt:innen gesteuerte, qualitativ hochwertige Patientenversorgung nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich ist.
Dr. Braun: Die HZV ist ein Meilenstein in der Geschichte der hausärztlichen Versorgung – und ein Erfolgskonzept, mit dem wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen können.

Von der Innovation zum Premiumprodukt: Warum die HZV das Primärarztsystem der Wahl ist
CDU/CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, dass in Deutschland ein verbindliches hausärztliches Primärarztsystem eingeführt werden soll. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband begrüßt dieses klare Bekenntnis der Politik zur primärärztlichen Versorgung und zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV). Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co- Vorsitzende des Landesverbands Baden- Württemberg sowie des Bundesverbands, betont jedoch: „Primärärztliche Steuerung bedeutet weit mehr, als lediglich Überweisungsscheine auszustellen. Es geht um die konsequente Begleitung der Patient:innen – nicht nur in einzelnen Krankheitsfällen, sondern über verschiedene Lebensphasen hinweg. Genau das leisten wir in der HZV.“
Das Vorhaben der Koalitionsparteien, den primärärztlichen Ansatz auf das starre System der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) zu übertragen, sieht die Co-Vorsitzende kritisch. Sie erklärt: „Mit der HZV existiert bereits das Premiumprodukt der Primärarztversorgung, das auf 17 Jahren Erfahrung und kontinuierlicher Weiterentwicklung basiert. Wir sind stolz auf diesen enormen Vorsprung in der Versorgung und sagen klar: Wer glaubt, eine Kopie könnte die bewährte Qualität und Struktur der etablierten Primärarztversorgung erreichen, unterschätzt die Komplexität und den Wert des Originals. Solche politischen Experimente machen sowohl Patient:innen als auch Ärzt:innen zu Spielbällen. Das kostet wertvolle Zeit und Ressourcen, die wir nicht haben.“
Weitere Informationen
Die Hausarztzentrierte Versorgung bricht 2025 mehrfach Millionengrenzen. Alle Meilensteine im Überbblick auf: haevbw.de/hzv-meilensteine