Was ist die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) und warum lohnt es sich für mich als Hausarzt daran teilzunehmen?
Seit 2007 sind die Krankenkassen verpflichtet, eine hausarztzentrierte Versorgung (HZV) anzubieten. In diesem Versorgungsmodell ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle für den Patienten und koordiniert sämtliche Behandlungsschritte. Dazu schließen die Krankenkassen mit allen Hausärzt:innen als Gemeinschaft besondere Verträge (die Hausarztverträge) ab. Diese Verträge werden Selektivverträge genannt, weil sie zwischen der Krankenkasse und einzelnen Leistungserbringern geschlossenen werden. Sie basieren auf §73b des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB) und existieren parallel zu den Kollektivverträgen, die zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und den Krankenkassen vereinbart werden.
Die Teilnahme an der HZV ist freiwillig – sowohl für den Arzt als auch für den Patienten. Ein Hausarzt der an der HZV teilnehmen will, verpflichtet sich zum Beispiel regelmäßig an Qualitätszirkeln und Fortbildungskursen teilzunehmen, ein anerkanntes Qualitätsmanagement-System in der Praxis einzusetzen und seine Behandlung an speziell für die hausärztliche Versorgung entwickelten Leitlinien auszurichten.
Möchte ein Patient an der HZV teilnehmen, schreibt er sich in der Praxis seines Hausarztes ein und verpflichtet sich, diesen Hausarzt immer als Erstes aufzusuchen. Einen Facharzt kann er nur in Anspruch nehmen, wenn ihn sein Hausarzt überweist (Ausnahme sind Frauenärzte, Augenärzte und Kinderärzte). Vorteil der HZV ist, dass die Diagnose und Therapie einer Krankheit von Anfang bis zum Ende vom Hausarzt oder der Hausärztin koordiniert wird und deshalb sehr gezielt erfolgt. Außerdem profitiert der Patient von vielen zusätzlichen Leistungen. Er wird zum Beispiel an seine Impfungen erinnert, bekommt mehr Maßnahmen bezahlt, die der Vorbeugung von Krankheiten dienen und seine Daten werden sorgfältig dokumentiert und können bei Bedarf elektronisch zwischen den Praxen ausgetauscht werden. Außerdem hat der Patient die Sicherheit, dass sein Hausarzt regelmäßig Fortbildungen besucht und auf dem neusten Wissenstand ist.
Bei Hausarztverträgen wird zwischen sogenannten Add-On-Verträgen zum Kollektivvertrag und Vollversorgungsverträgen unterschieden. Add-On-Verträge sind Zusatzverträge und regeln meist nur einen sehr kleinen Teil der hausärztlichen Tätigkeit (wie z. B. die Behandlung von Rückenschmerzen). Vollversorgungsverträge decken dagegen (mit Ausnahme der Notfalldienste) nahezu das gesamte Spektrum der hausärztlichen Leistungen ab. Sie können von den Krankenkassen und Ärzt:innen ohne Beteiligung der KV abgeschlossen und auf regionale Bedürfnisse zugeschnitten werden. Hausarztverträge auf Vollversorgungsbasis bieten dem Hausarzt die meisten Vorteile: Seine Abrechnungsbürokratie wird deutlich reduziert, er hat mehr Zeit für die Behandlung der Patienten, erhält eine angemessene und stabile Vergütung (bis zu 30 Prozent höher als im System der KV), seine Funktion im Gesundheitssystem wird gestärkt. Dadurch steigen die Chancen einen Praxisnachfolger zu finden.
Seit 2008 bietet die AOK Baden-Württemberg als bundesweit erste Krankenkasse gemeinsam mit dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband Baden-Württemberg und dem MEDI-Verbund allen Hausärzten einen Vollversorgungsvertrag zur HZV an. Seit 2009 haben der Hausärzteverband und MEDI auch mit nahezu allen anderen Kassen in Baden-Württemberg, wie auch der Bosch BKK, einen ähnlichen Vollversorgungsvertrag abgeschlossen. In Baden-Württemberg nehmen rund 4.000 Ärzt:innen und 2,5 Millionen Patient:innen an der HZV teil. Das Bundesland gilt deshalb als Vorreiter bei der Hausarztzentrierten Versorgung.
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