24. März 2023

Podium einig: Klimakrise gleich Gesundheitskrise

Der 21. Baden-Württembergische Hausärztetag bot den Rahmen für zwei berufspolitische Panels zu Zukunftsthemen der ambulanten Versorgung. Im ersten Panel zum Thema "Klimapraxis und Klimasprechstunde" sprachen die Podiumsgäste aus Gesundheitswesen, Politik und Gesellschaft vor rund 120 interessierten Zuhörer:innen über die Folgen der Klimaveränderung für die primärärztliche Versorgung und den Hausarztpraxisbetrieb.
 

Die Klimakrise ist längst auch eine Gesundheitskrise, die massive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen hat. Daran ließ Dr. Robin T. Maitra, Klimaschutzbeauftragter der Landesärztekammer Baden-Württemberg und Mitglied der Arbeitsgruppe Klimawandel der Bundesärztekammer, in seinem Vortrag im Vorfeld der Podiumsdiskussion keinen Zweifel: "Das Klima in Baden-Württemberg änderte sich in den letzten Jahren stark. Besonders sind wir im industriellen Sektor mitverantwortlich für den menschengemachten Klimawandel und somit zum Beispiel auch für den steigenden Verlust unserer Artenvielfalt. Ärztinnen und Ärzte genießen in unserer Gesellschaft ein großes Vertrauen und können so als Multiplikator für die Folgen des Klimawandels im gesundheitlichen Sektor auftreten. Checkups und Vorsorgeuntersuchungen bietet in den Hausarztpraxen dafür ideale Möglichkeiten. Die Klimapraxis führt dabei den Klimaschutz aktiv aus und sensibilisiert dabei auch Kolleg:innen und Patient:innen. Die Politik hat für den Klimawandel jedoch wichtige und weichenstellende Gestaltungsspielräume, die genutzt werden müssen." - so der Hausarzt aus dem Landkreis Ludwigsburg.

An den Keynote-Vortrag schloss sich eine mehr als anderthalbstündige, angeregte Diskussion an, die von Rebecca Beerheide, Leiterin der Politischen Redaktion beim Deutschen Ärzteblatt, moderiert wurde.

Die zweite Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, Dr. Susanne Bublitz, machte klar: "Als Multiplikatoren müssen wir Ärztinnen und Ärzte unseren Patientinnen und Patienten deutlich machen, dass die planetare Gesundheit mit der eigenen Gesundheit engstens verknüpft ist. Wir müssen die Themen zugänglicher machen und zeigen, dass kleine Verhaltensänderungen gut für Klima und für die Gesundheit sein können. Von einer mediteranen Ernährung bis hin zum Arbeitsweg, der mit dem Fahrrad zurückgelegt wird - die Klimasprechstunde und auch die situativen klimasensiblen Patientenberatungen bieten reichlich Themen für den Austausch mit den Patient:innen rund um die planetare Gesundheit."

Die Bedeutung der Ärzteschaft stellte auch Prof. Dr. Christian Schulz heraus. Der Geschäftsführer von KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. betonte: "Zentral für die Bewältigung dieser planetaren Krise ist die Überwindung der Lähmung. Dies gelingt, indem wir ganz bewusst die Wirkung der Heilberufler in die Gesellschaft nutzen. Wichtig sind vielfältige Formate, um nicht nur Patient:innen rund um den Klimawandel zu sensibilisieren, sondern auch die Praxisteams für dieses Thema fortzubilden und deren Interesse zu wecken."

Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, machte klar: "Umwelt- und Gesundheitsschutz müssen gemeinsam gedacht werden." Schon heute seien die Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen auf die Gesundheit der Menschen in Baden-Württemberg feststellbar. "Als Krankenkasse nehmen wir unsere Verantwortung für unsere Versicherten wahr und intensivieren schon seit Jahren unsere Bemühungen im Klima- und Umweltschutz. Wir haben für uns als Unternehmen das Ziel formuliert, dass wir bis 2023 CO² neutral sein möchten. Als AOK sehen wir es auch als unsere Aufgabe zu überlegen, wie z.B. vulnerable Patientengruppen besonders vor dem Klimawandel geschützt werden können."

Dr. Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP/DVP Baden-Württemberg, dankte den Hausärzt:innen dafür, dass sie ihr Augenmerk auf die gesundheitlichen Aspekte der Klimakrise richten:  "Der Hinweis, wie sich die Menschen beispielsweise während großer Hitzewellen gesund verhalten, ist richtig und wichtig." Er wies darauf hin, dass Fragen wie Umfang und Vergütung dieser Leistung auf Bundesebene zu klären sei. "Politischer Handlungsbedarf besteht in Zukunft auch darin, z.B. Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime zukünftig flächendeckend mit Klimaanlagen und Ventilatoren auszustatten, nicht jedoch politische Vorgaben für Ärzt:innen in der Patientenansprache zu machen.", so Dr. Rülke.

Dem Thema der Podiumsdiskussion entsprechend stellten die beiden Vorsitzenden des Hausärzteverbands Baden-Württemberg, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Susanne Bublitz, gemeinsam mit KLUG-Geschäftsführer Prof. Dr. Christian Schulz ein neues Kooperationsprojekt zur Auszeichnung nachhaltiger Hausarztpraxen vor.

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