"Einen wertschätzenden Umgang von beiden Seiten pflegen ..."

Warum ist es wichtig, dass sich anstellende Hausärzt:innen dem Kodex Anstellung nun freiwillig verpflichten? (Dr. Simon Schwill, MME)

Der Kodex Anstellung soll im Sinne eines kollegialen Miteinanders der Hausärzt:innen beide Seiten schützen. Ein Anstellungsvertrag ist in der Regel auch ein Miteinander der Generationen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Der Kodex ermöglicht einen Perspektivwechsel und die Gleichwertigkeit der Zusammenarbeit. Anstellende Kolleg:innen drücken durch ihre Teilnahme am Kodex aus, dass sie sich dem Erhalt der selbstständigen, hausärztlichen Tätigkeit verpflichten und einen wertschätzenden Umgang von beiden Seiten pflegen. Denn sie sehen in den angestellten Kolleg:innen die Partner:innen von morgen. Und auch wenn ein Teil der angestellten Kolleg:innen tatsächlich langfristig angestellt bleiben möchte, ist der Kodex die Einladung in die hausärztliche Gemeinschaft und den Hausärztinnen- und Hausärzteverband Baden-Württemberg.
 

Warum haben Sie sich für einen eigenen Kodex Anstellung des HÄVBW eingesetzt? (Dr. Susanne Fischer)

Da auch ich längere Zeit angestellt war, kenne ich beide Seiten der Medaille. Eine Praxis kann ein geschlossenes System ohne Vergleichsmöglichkeiten sein, da kommen leicht Fragen auf wie:

• Verdiene ich als Angestellte genug?
• Zahle ich als Chefin ausreichend oder zu viel?
• Habe ich gute Arbeitsbedingungen, schaffe ich gute Arbeitsbedingungen, was kann ich als Chefin fordern?

Das sind sehr komplexe Fragen, auf die es keine eindeutige Antwort gibt. Vieles sehe ich jetzt als Anstellende anders als angestellte Ärztin. Da mich diese Fragen immer beschäftigt haben, hat mich die Arbeit am Kodex Anstellung persönlich sehr interessiert. Bei der Erstellung des Kodex war es spannend nochmal beide Perspektiven genau zu beleuchten und mehr Verständnis füreinander zu entwickeln.
 

Was sind die wichtigsten Qualitätsstandards, die den Kodex Anstellung auszeichnen? (Dr. Simon Schwill, MME)

Der Kodex regt bei potenziellen Konfliktthemen eine klare Regelung an, es sind keine direkten Qualitätsstandards. Häufige Probleme sind die Arbeitszeit mit dem unpräzisen Umgang von Arbeitszeit und Sprechstundenzeit, Gehalt und Fortbildung sowie der Umgang miteinander, Abspracheregeln und Mitarbeitendengespräche. Wenn sich angestellte Fachärzt:innen mit ihrer Praxis sichtbar identifizieren und selbstständig alle unterschiedlichen Patient:innen einer Praxis versorgen und auch zum unternehmerischen Erfolg der Praxis beitragen, dann wäre der Kodex ebenso ein Erfolg wie wenn angestellte Ärzt:innen bezahlte Nachbereitungszeit ihrer Sprechstunde und Fortbildungstage erhalten.
 

Sie engagieren sich zusätzlich für das Forum Anstellung des HÄVBW. Welche Ziele verfolgen Sie in Ihrer Arbeitsgruppe? (Dr. Susanne Fischer)

Wir erleben gerade sehr unruhige zum Teil beängstigende Zeiten in der Medizin durch Budgetierung, zu viel Zeitaufwand für Verwaltung, zu wenig Zeit für medizinische Versorgung. Wenn in dieser Zeit eine Lagerbildung zwischen angestellten und anstellenden Ärzten:innen entsteht, werden wir verlieren. Ziehen wir jedoch an einem Strang, können wir die Arbeitsbedingungen für beide Seiten verbessern. Im Forum Anstellung des HÄVBW sind Anstellende und Angestellte gleichwertig vertreten, was sich auch bei der Wahl der Sprecherinnen Dorothee Wecker und mir widerspiegelt. Unser Ziel sind gute Arbeitsbedingungen für beide Gruppen, damit die hausärztliche Arbeit attraktiv bleibt und sich noch viele junge Mediziner:innen für unseren Fachbereich entscheiden.

Weitere Informationen
-> Freiwillig für den Kodex Anstellung verpflichten
-> Forum Anstellung des HÄVBW

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