14. Juni 2024
Praxisbesuch von Dr. Timm Kern MdL

„Wir versorgen in unserer Praxis rund 2.500 Patienten in einem großen ländlichen Einzugsgebiet, viele davon sind chronisch krank und auf uns angewiesen. Sie benötigen wohnortnahe hausärztliche Strukturen. Aktuell werden die Rahmenbedingungen aber immer schlechter, was dazu führt, dass immer mehr Praxen schließen, bereits jetzt sind fast 1.000 Hausarztsitze in Baden-Württemberg unbesetzt. Viele Patientinnen und Patienten haben daher bereits jetzt Probleme, eine Hauarztpraxis zu finden, diese Situation wird sich weiter zuspitzen", warnt Dr. Katharina Schmid, die mit ihren Kollegen Dr. Ralph Ostertag und Karl Herrmann die Hausarztpraxis von Dr. Werner Bösch 2022 übernommen hat.
Es bedarf eines Umdenkens in der Gesundheitspolitik mit einer Stärkung der Hausarztpraxen, fordert die Hausärztin. Dazu gehört auch Planungssicherheit. Trotz Hausärztemangels wird das Honorar der Hausärztinnen und Hausärzte in Baden-Württemberg wieder gekürzt. Dr. Timm Kern zeigte großes Verständnis und stellte fest: „Ärzte sind auch Unternehmer und dass ein Unternehmen Einnahmen, für die es Leistungen erbracht hat und mit denen geplant wurden, nicht erhält, ist wirtschaftlich hoch problematisch. Es ist nachvollziehbar, dass man es sich da zweimal überlegt, ob man die Praxis offen halten kann.“ Dafür muss die Entbudgetierung für Hausarztpraxen, die aktuell in der Gesetzgebung ist, schnell umgesetzt werden, sind sich der Abgeordnete und die Hausärzte einig.
Großes Interesse zeigte Dr. Kern an den Verträgen zur Hausarztzentrierten Versorgung. „Die HZV, an der alle gesetzlich Versicherten teilnehmen können und sich dafür entscheiden, bei allen Fragen zur Gesundheit zuerst zu uns in die Hausarztpraxis zu kommen, hilft unserer Praxis enorm. Sie ist weniger bürokratisch, gibt uns Planbarkeit und verbessert die Versorgung, da sie die Hausarztpraxis stärkt und das Gesundheitssystem effizienter macht“, erklärt Dr. Bösch. Er appellierte an den Politiker, dieses Versorgungsmodell auch politisch mehr zu unterstützen.
„Es war ein sehr aufschlussreicher Besuch“, resümierte Dr. Kern. „Es ist wichtig, sich die Anliegen der Hausärzte vor Ort anzuhören, um ihnen bestmöglich zur Seite stehen zu können, damit auch in Zukunft eine flächendeckende und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung gewährleistet werden kann.“
Auch Dr. Schmid und Dr. Bösch zeigten sich zufrieden mit dem Austausch: „Es freut uns, dass sich Politiker wie Herr Dr. Kern für die Belange der Hausärzte interessieren und sich vor Ort ein Bild machen. Wir hoffen, dass dieser Besuch dazu beiträgt, dass eine hochwertige Versorgung für die Patienten erhalten bleibt.“
3 Fragen an Dr. Timm Kern MdL:
1. Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf, um den Hausärztemangel zu bekämpfen?
Der Hausärztemangel ist eine große Herausforderung für die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger. Gerade im ländlichen Raum wird dieser deutlich spürbar sein. In den kommenden Jahren wird dies noch durch die demografische Entwicklung verstärkt – zum einen gibt es immer mehr ältere Personen, zum anderen werden mehr Ärztinnen und Ärzte in den Ruhestand gehen. Der Handlungsbedarf ist groß und bedarf einer Vielzahl von Maßnahmen. Zum Beispiel den Ausbau des Landärzteprogramms, um junge Medizinerinnen und Mediziner bei der Niederlassung zu fördern. Entbürokratisierung und Digitalisierung sind weitere wichtige Bausteine. Selbstverständlich spielt auch die finanzielle Situation der Hausärzte eine große Rolle. Auf Bundesebene setzt sich die FDP-Bundestagsfraktion dafür ein, dass für die Hausärzte eine vollständige Entbudgetierung erreicht wird. Diese soll perspektivisch auch für Fachärzte erreicht werden. Für uns ist es wichtig, dass sich dies im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz widerspiegelt.
2. Welchen Stellenwert hat Ihrer Meinung nach die HZV und welche Perspektive bietet sie für die Versorgung?
Die Hausarztzentrierte Versorgung und die damit verbundenen sogenannten Hausarztverträge bieten die Chance, dass die Patienten von einer besseren und koordinierteren Versorgung profitieren. Doppeluntersuchungen können zudem vermieden werden. Der Hausarzt wird als erste Anlaufstelle rund um die Gesundheit der Patienten noch wichtiger.
3. Wie sieht für Sie die hausärztliche Versorgung der Zukunft aus?
Die Bedeutung der hausärztlichen Versorgung wird noch wichtiger werden. Die Zukunft der Gesundheitsversorgung liegt darüber hinaus in der Nutzung innovativer Versorgungsmodelle wie beispielsweise der Telemedizin. Dies kann vor allem auch dazu beitragen, die Versorgung in ländlichen Gebieten sicherzustellen. Auch neue Versorgungsmodelle wie Gesundheitszentren, genossenschaftliche Modelle oder Medizinische Versorgungszentren können die Zusammenarbeit und die Vernetzung zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen und der Pflege verbessern.
Weitere Informationen:
-> Übersichtsseite zum Tag der Hausarztmedizin